Serie „Beziehungskiste“ Nach dem Streit folgt das Strafen mit Nicht-Beachtung – was tun?

Rieke Heinig
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Von Rieke Heinig
| 28.02.2024 19:57 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Nach einem Streit zeigt der Partner – wie auf diesem Symbolfoto – die kalte Schulter. Foto: Studio Romantic/Adobe Stock
Nach einem Streit zeigt der Partner – wie auf diesem Symbolfoto – die kalte Schulter. Foto: Studio Romantic/Adobe Stock
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Was kann man tun, wenn der Partner einen nach dem Streit mit der kalten Schulter straft? Diese Frage stellt sich Marina aus dem Emsland. Ein Beziehungs-Experte hat die Antwort.

Ostfriesland/Emsland - In unserer Serie Beziehungskiste geben Experten Lesern und Leserinnen Rat. Heute hat Marina (Name von der Redaktion geändert) aus dem Emsland eine Frage an unser Expertenteam:

Da ich es immer wieder in der Ex-Beziehung einer Freundin (sie Mitte 20, er Ende 20) mitbekommen habe: Was soll man tun, wenn der Partner seiner Freundin nach einem Streit nur die kalte Schulter zeigt? Komplett: kein Wort, keine Beachtung. Dann geht es nach einigen Tagen einfach normal weiter im Alltag, als hätte es keinen Streit gegeben. Wird das Problem thematisiert, gibt es wieder Streit. Und dann wieder Schweigen.

Antwort von Luca Leander Wolz – angehender Psychologe

Liebe Marina,

vielen Dank für Deine Frage. Das ist sicherlich ein Thema, welches viele Menschen umtreibt. Lasst uns zunächst einmal das Verhalten an sich analysieren. Man spricht hier auch vom sogenannten „Silent Treatment“ oder zu Deutsch „Toxisches Schweigen“. Das Schweigen fungiert dabei, wie Du schon richtig sagst, als eine Art Bestrafung und ist nach Watzlawick auch eine Art der Kommunikation – nur eben eine eher passiv-aggressive. Die ausführende Person erhält dadurch eine Form von Kontrolle.

Welche Motive dahinterstehen, darüber lässt sich nur spekulieren. Das können erlernte Verhaltensmuster aus der Familie sein, eine Form von Persönlichkeitsstrukturierung, Angst vor Auseinandersetzungen, toxische Männlichkeit und vieles mehr. Viel wichtiger ist, wie man mit einem solchen Verhalten innerhalb von Beziehungen umgehen und wie sich vor allem die angeschwiegene Person schützen kann. Grundsätzlich ist es ratsam, erst einmal die Ruhe zu bewahren und seine eigenen Emotionen wie Wut, Trauer, Angst zu beobachten und anzuerkennen. Selfcare ist hier das A und O. Jedoch ist es natürlich empfehlenswert, ab einem gewissen Punkt das Gespräch zu suchen. Hierbei ist auf folgende Dinge zu achten:

  • Sprich in Ich-Botschaften. Bewährt hat sich hier die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg. Beschreibe zunächst ganz objektiv den aktuellen Zustand und was dazu geführt hat. Anschließend beschreibst Du Deine Gefühle, die Du gerade fühlst (z.B. Wut) und nennst das dahinterstehende Bedürfnis (z.B. Bedürfnis nach Beachtung). Zum Schluss formulierst Du eine Bitte oder Wunsch (z.B. „Kannst Du meine Gefühle und Bedürfnisse nachvollziehen?“). So eine Art der Kommunikation hilft dabei, unsere gegenseitige Empathie zu wecken.
  • Setze klare Grenzen. Entschuldige Dich nicht überschwänglich (kommt natürlich auf die Situation an). Achte auf Dich selbst und kommuniziere klar, aber liebevoll, wenn Dich das toxische Schweigen zunehmend innerhalb der Beziehung belastet.

Letzten Endes kommt es dann auf das Gegenüber an, ob ein guter Umgang gefunden wird. Im Optimalfall erkennt er selbst, dass so ein Verhalten vor allem der eigenen Partnerin gegenüber sehr unfair ist und sie wirklich verletzt. Eine Auseinandersetzung mit den eigenen Motiven für so ein Verhalten, wäre für eine langfristige Änderung durchaus ratsam.

Falls der Partner nicht für eine Verhaltensveränderung bereit ist, sollte man sich meines Erachtens ernsthaft überlegen, wie stark der eigene Selbstwert unter der Beziehung leidet. Denn was ist eine Beziehung ohne gute Kommunikation?

Liebe Grüße,

Luca

Luca Leander Wolz ist angehender Psychologe und gibt Lesern und Leserinnen Rat in der Serie Beziehungskiste. Foto: Privat
Luca Leander Wolz ist angehender Psychologe und gibt Lesern und Leserinnen Rat in der Serie Beziehungskiste. Foto: Privat

Luca Leander Wolz ist gebürtiger Emder, lebt in Münster, hat ein abgeschlossenes Bachelor-Studium der Psychologie und macht aktuell seinen Master in „Klinische Psychologie und Psychotherapie“. Im Herbst 2024 ist er damit fertig und darf den Titel „Psychologe“ tragen. Anschließend wird Wolz seine Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten machen.

Beziehungskiste

So sehr wir uns auch wünschen, dass es in Beziehungen immer harmonisch läuft: In der Realität kriselt es eben doch immer mal wieder im Zusammenleben mit anderen Menschen.

Hier wollen unsere Experten in der Serie Beziehungskiste helfen. Habt Ihr Fragen oder Konflikte, für die Ihr einen Rat sucht? Oder benötigt ihr einen Rat für einen Freund oder eine Verwandte? Die gestellte Frage besprechen wir dann mit einem der Experten und veröffentlichen Frage und Antwort (wenn gewünscht auch anonymisiert) jeden Mittwoch in unserer Zeitung und auf unseren Webseiten. Alle Zuschriften werden selbstverständlich sensibel behandelt. Schreibt uns gerne an beziehungskiste@zgo.de oder stellt Eure Frage ganz einfach hier:

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