Borkumer Kulturviertel im Fokus Viele Ideen für Kulturinsel und Co.


Eine nationale Jury hat beim architektonisch-städtebaulichen Ideenwettbewerb Europan ihren Sieger-Entwurf für Borkum gekürt. Darin kommt der Umgestaltung der Kulturinsel eine zentrale Rolle zu.
Borkum - „re:duce re:use re:new“: Hinter diesem englischen Zungenbrecher verbirgt sich derjenige Entwurf für die künftige Gestaltung des Borkumer Kurviertels, der von der nationalen Jury im Rahmen des Wettbewerbs Europan 17 „Living Cities 2 − Lebendige Städte 2“ als Preisträger benannt wurde. Ferner gab es je eine lobende Erwähnung für die Arbeiten von „Together Borkum/Area Groyne 20“ und „New Perspectives“. Details zu diesen drei Entwürfen sind im Internet unter www.europan.de/archiv/e17/ergebnisse/ einsehbar.
Was hat es mit Europan auf sich?
Europan ist ein architektonisch-städtebaulicher Ideenwettbewerb für Nachwuchs-Architekten, -Stadt- und -Freiraumplaner. Bei „Living Cities 2 – Lebendige Städte 2“ ging es um die Frage, „wie wir in den urbanisierten Räumen unserer Städte und Kommunen dem Klimawandel und den vom Menschen verursachten sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Ungleichheiten mit innovativen und integrativen Projekten (...) begegnen können?“ Ziel war die Entwicklung von Ideen für „vernachlässigte, brachliegende, leere, stigmatisierte oder monofunktional genutzten Flächen, um diese wieder zu lebendigen, integrativen und durchmischten Stadträumen zu transformieren“. Dazu zählen auf Borkum etwa das ehemalige WSA-Gelände und der Parkplatz Oppermannspad.
Welche Aufgabe war für Borkum zu lösen?
Als Wettbewerbsaufgabe wird auf der Europan-Homepage die Entwicklung einer programmatischen und räumlichen Zukunftsperspektive für das historische Kurviertel formuliert. „Die inhaltliche Neustrukturierung umfasst dabei Fragen des diversifizierten Wohnraumangebots, der Hotellerie, der Kultur- und Kurangebote im Innen- und Außenraum sowie der Unterbringung von Veranstaltungsräumen, einer kleinen Bibliothek, eines Besucherzentrums des Nationalparks sowie eines Informationszentrums der Stadt“, heißt es weiter.

Welche Ideen enthält der Preisträger-Entwurf?
Ein zentraler Punkt von „re:duce re:use re:new“ ist der Rückbau der Kulturinsel. Dadurch würde das Gebäude optisch verschönert, zudem konzentriere sich dann alles auf dessen größtes Feature: den großen Konzertsaal. Weiter heißt es in dem Entwurf auf der Europan-Homepage: „Neben dem Rückbau nicht genutzter Räume und Strukturen wird aufgrund des landschaftlichen Konzepts das Erdgeschoss in eine künstliche Düne eingebettet. Diese Düne dient nun als Haupterschließung des Konzertsaals über große Sitztreppen auf der Düne. Um die graue Energie der rückgebauten Elemente nicht zu verschwenden, werden einige massive Betonteile weiterverwendet.“ Diese Teile sollen für den Bau neuer Pavillons eingesetzt werden. Diese würden, so der Entwurf, zum Beispiel ein Seminarhaus mit mehreren Räumen, einen Kiosk (zur gastronomischen Bespielung des Platzes vor der Kulturinsel) und ein Badehaus (samt Milchbude) beherbergen.
Was sagt die nationale Jury in ihrem Urteil?
Im Urteil der Jury (Text aus dem Englischen übersetzt) heißt es unter anderem, dass der Entwurf von „re:duce re:use re:new“ eine hohe Sensibilität für den Ort, einschließlich seiner Eigenschaften, Qualitäten und Schwächen entwickle. Das Konzept des teilweisen Abrisses der großen baulichen Solitärbauten, des Gezeitenlandes, der Kulturinsel und der Spielinsel und der anschließenden Wiederverwendung der gewonnenen Materialien für neue Entwicklung und Identität werde innovativ und überzeugend vermittelt. „Es gelingt, sowohl die problematischen Großstrukturen aufzubrechen als auch innovative Impulse und Anreize zu setzen. Darüber hinaus verbindet das vorgeschlagene Freiraumkonzept auf natürliche Weise Park, Promenade und Landschaft und schlägt eine umfassende Renaturierung und Aufwertung der Dünenlandschaft vor.“ Allerdings seien Fragen wie der Bedarf an Wohnraum und die Materialität einiger der vorgeschlagenen öffentlichen Räume noch nicht gelöst.
Wer war bei dem Wettbewerb noch vertreten?
Insgesamt gab es acht deutsche Standorte, für die Entwürfe entwickelt wurden. Neben Borkum – der bisher ersten und einzigen Insel – waren das Bad Lobenstein, Berlin, Ingolstadt, Kassel, Leipzig, München und Regensburg.
Wie war das bisherige Prozedere auf der Insel?
Für den Europan-Wettbewerb auf Borkum waren insgesamt 19 Arbeiten eingegangen, die von einer lokalen Jury – besetzt mit externen Experten, aber auch Vertretern der Insel – im vergangenen September begutachtet wurden. Anschließend waren vier Arbeiten ohne Reihenfolge an die nationale Jury weitergeleitet worden. Diese hatte Anfang Dezember die Sieger für die jeweiligen Standorte gekürt.
Wie geht es weiter?
Wie Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann (parteilos) zuletzt im Rat erklärte, sollen die anderen Entwürfe auf der Stadt-Homepage veröffentlicht werden. Ebenso werde von der Verwaltung ein Bericht zum bisherigen Verfahren und den Ergebnissen erstellt. „Schwerpunkt wird die Beantwortung der Frage sein, inwieweit die Entwürfe die Aufgabenstellung getroffen haben. Außerdem wird ein Vorschlag erarbeitet, wie mit den Entwürfen im weiteren Planungsprozess umgegangen werden kann“, so Akkermann im Dezember. Fest geplant sei überdies einen Workshop im Februar unter Beteiligung der Bevölkerung durchzuführen, bei dem alle Entwürfe vorgestellt werden. Ein weiterer sei nach der Saison 2024 und nach Bearbeitung der Workshop-Ergebnisse aus dem Februar geplant. Akkermann und Stadtbaumeister Volker Hosemann hatten mehrfach betont, dass es bei dem Wettbewerb kein Vergabeversprechern, also keine Pflicht zur Umsetzung gibt. Heißt: Der jetzige Siegerentwurf wird nicht automatisch realisiert.