Kolumne „Ferber am Freitag“ Dieses Eiland war Neuland

Florian Ferber
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Eine Kolumne von Florian Ferber
| 17.11.2023 06:59 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Der Autor war kürzlich auf einer ostfriesischen Insel zu Gast, der nicht die innigsten Beziehungen zu Borkum nachgesagt werden. Es gab dennoch viel zu entdecken.

Eine Warnung vorweg: Ich werde in dieser Kolumne vielleicht nicht drum herum kommen, das „N-Wort“ zu benutzen. Denn in meinem Urlaub war ich zum ersten Mal auf einem Eiland zu Besuch, dem – so wurde mir berichtet – nicht die innigsten Beziehungen zu Borkum nachgesagt werden. Können aber auch Gerüchte sein, Insel-Gekabbel, vergleichbar dem zwischen den Großstädten Köln und Düsseldorf.

Jedenfalls hatte besagte Destination gleich am Anreisetag die eine oder andere Überraschung für mich parat: Im Supermarkt begrüßte einen die Kassiererin mit „Hallo“ statt „Moin“, in der Fußgängerzone gab eine bunte Karnevalstruppe „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ zum besten und der Sinn für Wortspiele – ein Friseur heißt „Die Haarschneyder“, ein Restaurant „neysPlace“ – ist vor Ort offenbar stark ausgeprägt.

Kino und Tierfriedhof

Und dann gibt es einiges, dass man auf Borkum (leider) vergeblich sucht – zum Beispiel ein Kino, hier im Stil eines kleinen, urigen Residenztheaters, mit Oberrang, verzierten Balkonen, weinrotem Vorhang. Auf der Leinwand laufen nicht etwa irgendwelche alten Seemanns-Schinken anno Hans Albers, sondern aktuelle Blockbuster wie „Oppenheimer“ oder „Barbie“. Und was sehe ich auf einer Fahrt mit der Bömmelbahn ins Oostland? Ein Friedhof für Hund, Katze, Piepmatz in den Dünen. Möglich, dass dort auch Kuscheltiere beerdigt sind.

Generell hat mir der Osten der Insel gut gefallen. Neben Camping-, Flug- und Neun-Loch-Golfplatz, Strandhaferplantage und dem obligatorischen Leuchtturm, gibt es kilometerlange Fahrradwege und Sandstrand – und am Ende das wohl bekannteste Fotomotiv der Insel: das Wrack des 1967 gestrandeten Muschelsaugers „Pionier“, fast vis-à-vis der Baltrumer Skyline. Der Zwölf-Kilometer-Fußmarsch lohnt sich auf alle Fälle.

Flair der Milchbuden fehlt

Ob sich generell eine Visite lohnt, muss natürlich jeder selbst entscheiden. Ich hatte – aus familiären Quellen – vorher nicht allzu Gutes über mein Urlaubsziel gehört: zu städtisch, zu viel Partymeile, kein Insel-Charakter. Und ja, dieser Eindruck könnte sich verfestigen, wenn man den Blick allein aufs Zentrum richtet – und auf das eine oder andere Bettenburgen-Panodrama in Nordseesichtweite. Dort, an der Promenade, ist das Wasser zwar deutlich näher als auf Borkum, aber der besondere Flair der Milchbuden fehlt eindeutig. Da macht auch die Brutzelschmiede von Starkoch Nelson Müller den Kohl nicht fett. Am Ende bleibt die Binse: Jedes Eiland hat seinen eigenen Reiz. Neycht wahr?

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