Wohnen in der Krummhörn Pilsum – hier zu bauen ist teurer als in Grachten II in Greetsiel

Claus Hock
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Von Claus Hock
| 02.11.2023 08:28 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
In der Verlängerung des „Gulfpadds“ in Neu-Etum soll das Neubaugebiet „Alte Brauerei“ entstehen. Foto: Wagenaar
In der Verlängerung des „Gulfpadds“ in Neu-Etum soll das Neubaugebiet „Alte Brauerei“ entstehen. Foto: Wagenaar
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Seit mehr als zehn Jahren soll in Pilsum das Neubaugebiet „Alte Brauerei“ entstehen. Jetzt geht die NLG in die Vermarktung – und ruft höhere Quadratmeterpreise als im Greetsieler Neubaugebiet auf.

Pilsum - Die Gemeinde Krummhörn hat jüngst mehrere gemeindeeigene Grundstücke in den Verkauf gegeben. Die Örtchen Loquard und Manslagt lagen hier mit 88 Euro pro Quadratmeter an der „Spitze“. Zum Vergleich: Im Greetsieler Neubaugebiet liegt der Quadratmeterpreis bei 99 Euro. Das war in der Gemeinde, die gerne Bauland vor allem für junge Familien und Einheimische zur Verfügung stellen will, Spitzenreiter. Bis jetzt.

Was und warum

Darum geht es: Seit 2012 ist das Neubaugebiet „Alte Brauerei“ in Pilsum in der Planung. Nun gehen die Grundstücke in den Verkauf.

Vor allem interessant für: diejenigen, die sich den Traum vom Eigenheim in der Krummhörn erfüllen wollen.

Deshalb berichten wir: Die NLG hat die Preise für die Baugrundstücke in Pilsum veröffentlicht.

Den Autor erreichen Sie unter: c.hock@zgo.de

Denn nun hat die Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) die Preislisten für das von manchen lang ersehnte Baugebiet „Alte Brauerei“ in Pilsum veröffentlicht. Hier stehen ursprünglich 27 Grundstücke zum Verkauf – los geht es bei 99,50 Euro pro Quadratmeter. Zehn Grundstücke liegen aber mit 110 Euro (vier Grundstücke) und 125 Euro (sechs Grundstücke) noch deutlich darüber. Die Grundstücke liegen in der Verlängerung des „Gulfpadds“ im Neu-Etum.

Preise haben sich nahezu verdoppelt

Dass die Preise noch über denen von Grachten II liegen sollen, munkelte man schon länger. Die NLG schwieg beharrlich auf Nachfragen dieser Zeitung. Noch im September hieß es, dass man über „Preiskonstellationen“ keine Auskunft gebe.

Die aktuelle Preisentwicklung dürfte für einige Interessenten bitter sein. Denn: Ursprünglich hieß es, dass in Pilsum Grundstücke speziell für junge Familien entstehen sollen. Ursprünglich wurden, das sagt ein langjähriger Interessent gegenüber dieser Zeitung, 50 bis 60 Euro pro Quadratmeter veranschlagt. Jetzt ist es zum Teil doppelt so viel. Zwischen erster Aussage und Erschließung liegen allerdings auch viele Jahre.

Planungen begannen vor mehr als zehn Jahren

Bitter ist dies für Interessenten nicht nur, weil die Erschließung und der Verkauf der Grundstücke in eine Zeit der allgemeinen Preissteigerungen fällt. Sondern auch, weil dies eigentlich vermeidbar gewesen wäre. Denn: In Planung ist das Baugebiet eigentlich seit 2012. Doch hoch priorisiert wurde es lange nicht, dann kam es zu weiteren Verzögerungen. 2016 habe es geheißen, dass es 2017 losgehe. 2018 habe es 2019 geheißen und im Januar 2020 sei vom Spätsommer desselben Jahres die Rede gewesen, erinnerte sich ein Interessent im März vor nunmehr zwei Jahren gegenüber dieser Zeitung.

Das war kurz nachdem bekannt wurde, dass der Bebauungsplan noch mal geändert werden musste. Entwässerungsgräben waren zu schmal geplant worden. Das war aber nicht das einzige Hindernis auf dem Weg zum nunmehr teuersten Neubaugebiet der Krummhörn. So wurde seit 2012 festgestellt, dass auf der Fläche alte Abbaurechte für eine frühere Ziegelei bestanden. Wegen des Bestandsschutzes sei die Fläche daher nicht sofort verfügbar gewesen. Darüber hinaus musste der Boden auch noch auf den Sulfatgehalt hin überprüft werden, ein Flächentausch wurde erforderlich, weil sich die Eigentumsverhältnisse änderten. Außerdem hatte die Naturschutzbehörde auf eine einjährige Vogelkartierung bestanden, weil in dem Bereich Wiesenvögel brüten. „Das Verfahren zog sich hin, mit der Folge, dass die Naturschutzbehörde das ursprüngliche Vogelgutachten nicht mehr akzeptierte und ein aktuelles Gutachten verlangte“, hieß es seitens der Gemeinde vor nunmehr zwei Jahren. Parallel dazu habe die Gemeinde Ausgleichsflächen für den dort brütenden Wiesenpieper finden und am Freepsumer Meer ausweisen müssen. „Die Distanz war den Naturschutzbehörden aber zu weit“, so dass auch hier nachgearbeitet werden musste, hieß es ebenfalls im Jahr 2021.

Mehrere Grundstücke bereits reserviert

Wie sich die Quadratmeterpreise in Pilsum berechnen, darüber gibt die NLG auf Nachfrage keine Auskunft. Zwölf Grundstücke, so steht es in der mittlerweile veröffentlichten Übersicht, sind bereits reserviert. Noch erhältlich sind Grundstücke in allen drei Preiskategorien. Die Grundstücke bewegen sich zwischen 558 und 973 Quadratmetern.

Gesättigter Grundstücksmarkt

Nach drei Vergaberunden für die "Einheimischengrundstücke" im Greetsieler Neubaugebiet Grachten II ist klar: Das Interesse lässt nach. Für die noch freien 13 Grundstücke gab es n ur zwei Bewerber. Das bestätigt auf Nachfrage Krummhörns Bürgermeisterin Hilke Looden (parteilos).

Dass noch Grundstücke zu vergeben sind, findet Looden "nicht schlimm". Es sei gut, dass man nun für spätere Interessenten noch Grundstücke vorhalten könne. Die Bedingungen für die Grundstücke würden weiterhin Bestand haben. Auch über künftige Bewerber müsse der Verwaltungsausschuss der Gemeinde entscheiden. Von den zwei Bewerbungen aus der jüngsten Vergaberunde sei einer stattgegeben worden, so Looden.

Mehr Grundstücke als Bewerber

Auch bei den gemeindeeigenen Grundstücken, insgesamt 40 Stück in den Ortschaften Campen, Eilsum, Freepsum, Jennelt, Loquard und Manslagt, habe es "weniger Bewerber als Grundstücke gegeben", so Looden. Es seien aber "mehr als zwei" gewesen.

Wie mit den Grundstücken in Grachten II weiter verfahren wird, ist noch offen. Geht es nach Looden, könnte sie sich eine Mischform vorstellen: Sowohl weitere offizielle Vergaberunden als auch die Möglichkeit, außerhalb dieser Runden den Menschen Gelegenheit zu geben, sich auf die Grundstücke zu bewerben.

Einfluss auf die Preisgestaltung hat die Gemeinde Krummhörn übrigens nicht. Das bestätigt die Verwaltung auch auf Nachfrage. Erschließung, Vermarktung und Preisgestaltung seien Sache der NLG. Warum in Greetsiel geringere Preise möglich sind als offenbar in Pilsum, begründet die Gemeinde so: „Die 99 Euro pro Quadratmeter in Greetsiel gelten für Dauerwohnen und sind eine Vorgabe der Krummhörner Politik. Dieser Preis konnte nur durch eine Mischkalkulation mit den Ferienwohnen-Grundstücken erreicht werden.“

Gleicher Richtwert, höherer Preis

Zumindest verwunderlich sind die in Pilsum aufgerufenen Preise auch dann, wenn man die jüngst zum Verkauf freigegebenen Baugrundstücke in anderen Dörfern vergleicht. Hier handelt es sich um sogenannte „gemeindeeigene Grundstücke“. Sprich: Ein etwaiger Ankauf war im Vorfeld nicht notwendig. Die hier aufgerufenen Preise begründete die Gemeinde Ende September so: „Berücksichtigt wurden hier, neben dem Bodenrichtwert, ebenfalls die stark gestiegenen Baupreise für die Erschließungsarbeiten und die Arbeiten für den Straßenendausbau. Diese Kosten haben einen direkten Einfluss auf den Quadratmeterpreis.“

Die Bodenrichtwerte in Pilsum liegen mit rund 60 Euro pro Quadratmeter in einem ähnlichen Bereich wie die Richtwerte in Campen, Eilsum, Freepsum, Jennelt, Loquard und Manslagt, wo die Gemeinde Grundstücke anbietet.

NLG rechnet mit baldigem Baustart

Während bei den gemeindeeigenen Grundstücken das Förderprogramm „Bauen in der Krummhörn“ grundsätzlich anwendbar ist, gilt dies für die Grundstücke in Pilsum nicht. Das Förderprogramm richtet sich speziell an junge Menschen und Familien.

Die NLG hat alle bisherigen Interessenten für das Baugebiet „Alte Brauerei“ angeschrieben. Weitere Bewerbungen können per E-Mail an info-aurich@nlg.de gerichtet werden, heißt es. „Im Anschluss wird die Erschließung fertiggestellt. Wir rechnen daher mit einem kurzfristigen Beginn der Bebauung.“

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