Test in Leeraner Altstadt Verkehrsversuch in der Brunnenstraße wird kritisch gesehen

Nikola Nording
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Von Nikola Nording
| 04.10.2023 13:01 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Radfahrer mussten in den vergangenen Wochen in der Brunnenstraße absteigen. Foto: Wolters
Radfahrer mussten in den vergangenen Wochen in der Brunnenstraße absteigen. Foto: Wolters
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Die Brunnenstraße in Leer ist ab Mittwoch wieder frei. Zuvor wurde sie testweise zur Fußgängerzone umfunktioniert. Im Netz hagelt es Kritik.

Leer - Soll die Brunnenstraße in der Leeraner Altstadt zu einer Fußgängerzone werden? Mit Blick auf diese Frage hat die Leeraner Stadtverwaltung einen Verkehrsversuch gestartet. Zunächst wurde die Brunnenstraße an den ersten drei September-Wochenenden temporär in eine reine Fußgängerzone umfunktioniert, so dass die Straße von 10 bis 19 Uhr ausschließlich Fußgängern vorbehalten war. Seit dem 18. September bis zu diesem Mittwoch war der Bereich täglich zwischen 10 und 19 Uhr für Fahrradfahrer und Autofahrer gesperrt. Wegen des Gallimarkt-Aufbaus und weil man, nach Angaben der Stadt, bereits viele Eindrücke gesammelt hatte, wurde der Verkehrsversuch vorzeitig beendet. Ursprünglich war eine Sperrung bis zum 6. Oktober geplant.

Was und warum

Darum geht es: Die Fußgängerzone in der Brunnenstraße ist wieder verschwunden. Es gab deutliche Kritik im Netz, eine Umfrage dieser Zeitung zeichnete ein gemäßigteres Bild.

Vor allem interessant für: Menschen, die sich für die Innenstadt interessieren

Deshalb berichten wir: Der Verkehrsversuch in der Altstadt erhitzt die Gemüter. Eine Entscheidung wird noch fallen.

Die Autorin erreichen Sie unter: n.nording@zgo.de

Zeit also nachzufragen, wie sich die Sperrungen in der Brunnenstraße bewährt haben. Bereits während des Verkehrsversuchs hatte sich Johannes Dröge verhalten gezeigt, was den Erfolg der Maßnahme betrifft. Er ist Vorsitzender des Vereins Freunde der Altstadt, der einen Teil der Kaufleute in der Altstadt vertritt. Grenzenlose Begeisterung wegen der Sperrung sei bei der Kaufmannschaft der Altstadt nicht unbedingt ausgebrochen, berichtete er kürzlich dieser Zeitung. Laut Dröge sei die Meinung über die Ergebnisse unter den Kaufleuten in der Straße gemischt. Einige fänden die Entwicklung sehr positiv, auf die Kundschaft der anderen habe es massive Auswirkungen. Eine ganzjährige Einrichtung sieht der Sportgeschäftsinhaber kritisch. Eine temporäre Umwidmung, zum Beispiel an den Wochenenden oder in der Sommerzeit, wäre denkbar, müsse aber diskutiert werden.

Stadt hält sich bedeckt

Doch wie ist die Stimmung in der Stadt? Die Verwaltung hält sich bei Auskünften dazu derzeit noch bedeckt: „Wir wollen der Diskussion nicht vorgreifen“, sagt Edgar Behrendt, Sprecher der Stadt Leer auf Nachfrage. Jedoch seien viele Rückmeldungen zu dem Thema im Rathaus eingegangen. Es sei ein ausgewogenes Meinungsbild. Sobald die Ergebnisse ausgewertet seien, würden diese zunächst im Fachausschuss Energie, Klima, Umwelt und Verkehr vorgestellt werden. „Ob dann entsprechend der Testvarianten oder in einer abgeänderten Form überhaupt eine Veränderung der aktuellen Verkehrssituation in der Brunnenstraße vorgenommen werden soll oder nicht, ist offen. Ergeben soll sich das in der weiteren politischen Diskussion unter Beteiligung der Anlieger und der Gewerbetreibenden“, so Behrendt weiter.

Ein ausgewogenes Stimmungsbild zeigt sich auch bei einer Online-Umfrage dieser Zeitung. Auf die Frage „Was halten Sie von einer Fußgängerzone in der Leeraner Altstadt?“ antworteten 50 Prozent der Teilnehmer, dass sie es für eine gute Idee halten. 45 Prozent gaben an, dass es ihnen gar nicht gefalle. Fünf Prozent der Teilnehmenden war die Entscheidung egal. Es nahmen 155 Menschen an der Umfrage teil.

Deutliche Kritik im Netz

Während sich in der Umfrage ein ausgeglichenes bis positives Bild zeichnet, sind die Kommentare im sozialen Netzwerk Facebook eher negativ. Auch dort wurde das Thema in vielen Gruppen und auch unter Beiträgen dieser Zeitung heiß diskutiert und kommentiert. „Kaum nachvollziehbar, dass an anderen Stellen mehr Freiräume für Radfahrer entstehen, hier aber Radfahrer ausgegrenzt werden, indem man eine bestehende Fahrradstraße in eine Fußgängerzone umwandelt. Mit dem Auto besuche ich die Innenstadt aus dem Rheiderland kommend schon lange nicht mehr. Durch derartige Maßnahmen verliert die Innenstadt für mich auch als Radfahrer seinen letzten verbliebenen Reiz“, schreibt ein Kommentator.

Eine andere kommentiert: „So ein Quatsch als Autofahrer kommst du bald nirgendwo mehr hin. Hat man auch an Eltern mit Kind gedacht oder an Menschen die nicht mehr so gut zu Fuß sind? Mehr Parkplätze gibt es ja auch nicht. “ Viele Schreiber besorgt auch der Zugang zur Geschäftsstelle der Krankenkasse AOK: „Typisch Leer, jetzt kommen ältere und gebrechliche Menschen auch nicht mehr zur Krankenkasse und stellen dort teure Anträge, zwei Fliegen mit einer Klatsche“, so ein Kommentator. Wobei zumindest eine Kommentatorin dagegen hält und schreibt: „Ja toll, dann kann man gefahrlos mit dem Rollstuhl auf die Straße, weil der Bürgersteig oft abschüssig ist oder zu eng. Da freuen wir uns. Das war sonst ein Spießruten-Lauf dadurch.“

Die Stadtverwaltung nimmt weiterhin Eindrücke per Mail an brunnenstrasse@leer.de entgegen.

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