Umwelt

Abholz-Aktion: Nabu schaltet sich in die Diskussion ein

| 05.10.2021 15:23 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Vor allem die Uferschnepfe soll in ihrem Bestand geschützt werden. Sie stellt besondere Anforderungen an ihr Brutgebiet. Foto: Archiv/Arbeitskreis Feuchtwiesenschutz Westniedersachsen dpa/lni
Vor allem die Uferschnepfe soll in ihrem Bestand geschützt werden. Sie stellt besondere Anforderungen an ihr Brutgebiet. Foto: Archiv/Arbeitskreis Feuchtwiesenschutz Westniedersachsen dpa/lni
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Auf einer Fläche zwischen den Emder Stadtteilen Uphusen und Marienwehr sollen mehrere Hundert Bäume und Gehölze gefällt werden. Jetzt schaltet sich der Nabu ein und verteidigt die Aktion.

Emden - Der Aufschrei in Emden ist groß seit bekannt wurde, dass auf der Fläche zwischen den Emder Stadtteilen Marienwehr und Uphusen sowie am Kleinen Meer rund 1000 Gehölze zum Schutz von Wiesenvögeln gefällt werden sollen. Jetzt schaltet sich die Ökologische Nabu-Station Ostfriesland (ÖNSOF) in die Diskussion ein. Sie ist von der Stadt mit der Leitung und der Betreuung des Wiesenvogel-Projekts beauftragt, befürwortet die Aktion und erklärt in einer Pressemitteilung auch, warum.

Was wird gefällt?

Bei den 500 bis 1000 zur Beseitigung vorgesehenen Bäumen handele es sich ganz überwiegend um kleine Gehölze mit einem Stammdurchmesser von unter acht Zentimetern, die sich in der Nähe von guten Brutgebieten befänden. Nach Beurteilung durch die ÖNSOF sei die kritisierte Auswirkung der Gehölzbeseitigung auf den Klimaschutz vollkommen zu vernachlässigen. „Der Schutz der in der Moormarsch unter der Kleischicht liegenden organischen Böden vor Austrocknung und zu starker Entwässerung ist dafür viel gravierender. Hier wird der Schutz der Wiesenvögel durch die künftig ebenfalls erforderliche Anhebung von Bodenwasserständen sowie die Förderung der Weidehaltung in Schutzflächen zu einem vielfach höheren Beitrag für den Klimaschutz führen“, schreibt der Nabu. Des Weiteren beabsichtige die Stadt entsprechende Bäume durch Ersatzbepflanzungen zu ersetzen. Deshalb müsse das Vorhaben differenziert betrachtet werden.

„In der Fachwelt gibt es Einigkeit darüber, dass die Maßnahmen zur Qualitätssicherung der für die Vogelwelt äußerst wichtigen Offenlandschaften dringend erforderlich sind“, wird der Leiter der Station, Michael Steven, in der Mitteilung zitiert. Zugleich weist er darauf hin, dass es weiterer Maßnahmen bedürfe, um die ausgewiesenen Schutzgebiete in einen guten Zustand zu bringen und die bedrohten Wiesenvögel so im Bestand zu schützen.

Hintergrund der Aktion

Anfang der 1990er Jahre beschlossen die EU-Mitgliedstaaten, für das Überleben von Arten und Lebensräumen, für die Europa eine herausragende Verantwortung weltweit trägt, entsprechende Voraussetzungen zu schaffen. Unter anderem wurden Schutzgebiete ausgewiesen. In den EU-Vogelschutzgebieten „Ostfriesische Meere“ und „Krummhörn“ sind Wiesenvögel wie Uferschnepfe, Kiebitz oder Rotschenkel besonders schützenswert, wobei der Uferschnepfe eine besondere Bedeutung zukommt. Sie sei besonders auf die weiten Offenlandschaften angewiesen, denn sie hält in der Regel intuitiv mehr als 250 Meter Abstand zu Gehölzbeständen. „Selbst durch mit hohem Schilf bewachsene Gräben in der weiten Sicht eingeschränkte Flächen werden gemieden, wenn sie die Möglichkeit dazu haben“, so der Nabu. Somit gingen der Uferschnepfe durch das Aufkommen der Gehölze bereits große potenzielle Brutgebiete verloren.

Zu wenig Jungvögel werden flügge

Das Meidungsverhalten zu allen höheren Geländestrukturen hat seinen guten Grund: Brütet sie in deren Nähe, gefährdet sie sich und ihr Gelege sowie später ihre Küken. Fressfeinde wie Rabenkrähen, Mäusebussarde, Sperber und Habicht nutzen die erhöhte Aussicht von Gebüschen und Bäumen, um Eier, Küken und im Falle der Greifvögel sogar die Altvögel, auszuspähen und um sie dann zu erbeuten, heißt es seitens des Nabu zur Erklärung. Zudem geben Gehölz- und Schilfstreifen Raubsäugern wie Fuchs, Steinmarder, Marderhund und Hermelin Deckung, so dass diese stark in ihren Populationen angewachsenen Fressfeinde direkt in die Wiesenbrüter-Lebensräume geführt werden. „Zu hohe Gelege- und Kükenverluste durch Fressfeinde gelten nach gesicherten wissenschaftlichen Untersuchungen selbst in sonst günstigen Lebensräumen als entscheidender Faktor dafür, dass nicht ausreichend Jungvögel flügge werden können“, so der Nabu.

Aus diesem Grunde seien die jetzt von der Stadt Emden geplanten Maßnahmen zur Beseitigung des Gehölzjungwuchses sowie einiger besonders negativ wirkender Bäume von größter Bedeutung, um die Wiesenbrüter-Lebensräume in einen günstigeren Zustand zu überführen. Sie seien in einem differenzierten Abwägungsprozess und unter Berücksichtigung der im von der Stadt Emden eingerichteten Runden Tisch gemachten Vorgaben für eine Zustimmung von Wissenschaftlichen Mitarbeitern der ÖNSOF ausgearbeitet worden.

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