Rohstoffe, Bauen, Verkehr Der Plan für die Zukunft im Landkreis Leer

Karin Lüppen
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Von Karin Lüppen
| 26.05.2023 10:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Neue Straßen sind im Raumordnungsprogramm so nicht vorgesehen. Alle vorhandenen Wege sind dagegen erfasst. Foto: pixabay
Neue Straßen sind im Raumordnungsprogramm so nicht vorgesehen. Alle vorhandenen Wege sind dagegen erfasst. Foto: pixabay
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Weniger Raum für Windkraft, eine neue Gasleitung und mehr Tourismus auf Borkum – das sind aktuelle Änderungen im Raumordnungsprogramm. Was ist das überhaupt?

Leer - Nicht weniger als 25 einzelne Unterlagen und Karten umfasst die Sitzungsvorlage für das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Leer. Was darin dargestellt ist, wird sich in den nächsten Jahren bis in den Alltag der Menschen hinein auswirken. Denn in diesem Programm werden Vorgaben für den Einzelhandel, für Energieerzeugung oder den Nahverkehr gemacht. Noch in diesem Monat soll der Plan beschlossen werden.

Was und warum

Darum geht es: Der Landkreis Leer stellt derzeit sein neues Regionales Raumordnungsprogramm auf. Dieses abstrakte Werk hat direkten Einfluss auf den Alltag der Menschen

Vor allem interessant für: Menschen im Landkreis Leer

Deshalb berichten wir: Wir wollen erklären, was sich hinter diesem sperrigen Begriff verbirgt

Die Autorin erreichen Sie unter: k.lueppen@zgo.de

RROP – was ist das genau?

Zunächst einmal ist es eine Darstellung des Landkreises für jeden Aspekt: Das gilt für die Landwirtschaft genauso wie für den Straßenverkehr, Naturschutz oder Einzelhandel. In dem RROP ist zudem festgehalten, welche Ziele sich der Landkreis Leer für die weitere Entwicklung setzt. Die Pläne wurden von der Verwaltung in Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden aufgestellt, der Prozess hat sich über mehrere Jahre hingezogen.

In der Zwischenzeit wurden die politischen Gremien des Landkreises laufend über die Entwicklung des RROP informiert. Zuständig ist der Ausschuss für Kreisentwicklung, Umwelt, Natur, Verkehr und Klima. Außerdem haben die Verwaltungen der Städte und Gemeinden im Landkreis Leer in Gesprächen daran mitgewirkt. Auch eine Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (Organisationen und Fachverbände wie Entwässerungsverbände oder die Ostfriesische Landschaft und die Bundeswehr) hat stattgefunden.

Daraus haben sich noch Änderungen an dem RROP ergeben, die in die jüngste Fassung eingeflossen sind. So wurde eine Trasse für den Neubau der LNG-Leitung aufgenommen. Auf Borkum gab es Änderungen für touristische Flächen. Der aktuelle Plan wurde vom Ausschuss vorberaten und geht nun in die Abstimmung im Kreisausschuss, dem die Spitzen der Fraktionen angehören, sowie am 27. Juni in den Kreistag. Danach wird das RROP öffentlich ausgelegt. Dann können Privatpersonen dazu Stellung nehmen und Änderungen vorschlagen.

Was ist bei Windkraft geplant?

Tatsächlich haben sich zuletzt noch Änderungen beim Ausbau von Windenergie ergeben: Die dafür vorgesehenen Flächen wurden laut Richard Olbrich vom Amt für Planung und Naturschutz noch verkleinert. Das ergibt sich aus neuen Festsetzungen für Mindestabständen für Wohnbebauung. Danach ist jetzt ein Anteil von 0,84 Prozent der Kreisfläche (904 Hektar) für Windkraft in den Plänen erfasst.

Jedoch muss der Landkreis Leer wie alle Kommunen in Niedersachsen seinen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien durch die Bundesregierung erfüllen. Laut Olbrich wurde jetzt eine neue Zielvorgabe mitgeteilt, nach der Landkreis Leer 1,24 Prozent seiner Fläche für die Nutzung für Windenergie ausweisen muss. Dieses soll in Zusammenarbeit mit den Gemeinden über deren eigene Bauleitplanung erreicht werden. Aktuell arbeiten mehrere Gemeinden, darunter Hesel und Uplengen, an neuen Plänen für dieses Thema.

Welcher Rohstoffabbau ist vorgesehen?

In Ostfriesland gibt es generell wenig Bodenschätze, die abgebaut werden können. Das RROP für den Landkreis Leer hat die Rohstoffe Quarzsand, Sand (Kies), Torf und Klei besonders thematisiert. Auf der Grundlage von Daten des Landesbergbauamtes wurden alle Lagerstätten erfasst und bewertet. Für bekannte Lagerstätten ist eine möglichst vollständige Ausbeutung vorgesehen, dagegen soll die Erschließung neuer Lagerstätten reduziert werden, heißt es in den Unterlagen.

Torfabbau ist immer noch eingplant, allerdings nur noch auf wenigen Flächen. Foto: Carmen Jaspersen/dpa
Torfabbau ist immer noch eingplant, allerdings nur noch auf wenigen Flächen. Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Ausgewiesen sind für den Torfabbau einige Flächen in Neudorf an der Grenze zum Landkreis Aurich sowie in Südgeorgsfehn an der Grenze zum Ammerland. Der Abbau von Quartzsand ist zum Beispiel in Moormerland, in Leer sowie in Holtland vorgesehen. Kiesabbauflächen sind in Weener und bei Ditzum erfasst.

Wie wird sich der Einzelhandel entwickeln?

Das RROP wirkt sich insofern auf die Entwicklung des Einzelhandels aus, als Geschäfte mit einer Fläche von mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche nur in den sogenannten Grundzentren eingerichtet werden dürfen. Pro Gemeinde wird nur ein Grundzentrum festgelegt. Das bedeutet jedoch, dass der Einzelhandel auf diese Orte konzentriert wird, weil größere Supermärkte nur dort entstehen können. Auch Ansiedelungen von großen Anbietern wie Ikea oder Baumärkten im großen Format sind nur dort möglich.

Für flächenmäßig große Gemeinden ist das manchmal unbefriedigend. Wie Olbrich darstellte, gibt es aktuell in der Gemeinde Rhauderfehn den Wunsch, Flachsmeer als zweites Grundzentrum auszuweisen. Das widerspreche jedoch dem Ziel einer konzentrierten Siedlungsentwicklung. Bei Vorhaben im Einzelhandel reduziert ein zweites Grundzentrum gleichzeitig die anzurechnende Bevölkerung und deren Kaufkraft. „Es gibt dazu noch kein abschließendes Ergebnis“, sagt Olbrich.

Neubauten sollen vor allem in zentralen Orten möglich sein. Für kleinere Dörfer ist die Weiterentwicklung bestehender Bebauung gedacht. Foto: pixabay
Neubauten sollen vor allem in zentralen Orten möglich sein. Für kleinere Dörfer ist die Weiterentwicklung bestehender Bebauung gedacht. Foto: pixabay

Ähnlich sieht es mit der Entwicklung von Bauland aus. Hier sind ebenfalls die größeren Orte als Schwerpunkte für die Siedlungsentwicklung vorgesehen. Damit soll ein sparsamer Umgang mit der Fläche erzielt werden. Das heißt nicht, dass in kleinen Dörfern gar keine Neubauten möglich sind. Jeder Ortschaft wird eine „bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung“ eingeräumt, jedoch darf diese nicht auf Zuzug ausgerichtet sein. Vielmehr soll der Gebäudebestand nach Bedarf ersetzt oder erweitert werden, vorrangig jedoch für die ortsansässige Bevölkerung.

Sind noch mehr Straßen geplant?

Diese Frage wird eindeutig mit Nein beantwortet. Im RROP sind lediglich Verkehrswege aufgenommen, die es entweder schon gibt, oder die bereits durch eine Planung gesichert sind. Neue Verkehrstrassen sind trotzdem nicht ausgeschlossen, aber deren Planung erfolgt nicht durch das RROP, sondern zum Beispiel über den Bundesverkehrswegeplan. Darin ist etwa eine Ortsumgehung für Hesel enthalten.

Der Nahverkehr soll nach den Vorstellungen des Landkreises Leer weiterentwickelt werden. Foto: Archiv
Der Nahverkehr soll nach den Vorstellungen des Landkreises Leer weiterentwickelt werden. Foto: Archiv

Das RROP richtet sich an die Städte und Gemeinden und öffentliche Planungsträger. Aus Sicht des Landkreises eröffnet die neue Fassung ausreichend Möglichkeiten, den Verkehr nachhaltig zu entwickeln, also den Öffentlichen Nahverkehr oder Fahrradwege auszubauen und zu verbessern. Dies ist zum Beispiel auf Borkum vorgesehen.

Umstiegsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln wie Bus und Bahn sollen ausdrücklich gestärkt werden. Mit den Festsetzungen soll Menschen mit Behinderungen die Erreichbarkeit und Nutzung von Verkehrsmitteln ausdrücklich erleichtert werden.

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